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Das Auf und Ab der Ölpreise sorgt
weltweit immer wieder für Schlagzeilen. Außenstehenden erscheint der Erdölmarkt
oft undurchsichtig und die Preisschwankungen sind schwer nachvollziehbar. Dieser
Absatz gibt Auskunft darüber, wie und wo mit Erdöl gehandelt wird, wie sich die
Preise für Rohöl und Erdölprodukte zusammensetzen und welche Faktoren für
Preisänderungen verantwortlich sind.
Als Colonel Edwin L. Drake 1859 im amerikanischen Pennsylvania auf Erdöl stieß
und damit den Beginn der modernen Ölindustrie einläutete, ahnte er wohl kaum,
dass der Ölpreis anderthalb Jahrhunderte später zu den Schlüsselfaktoren der
Weltwirtschaft zählen würde. An die einfachen Ursprünge der Erdölindustrie
erinnert, dass Ölmengen auch heute noch in Fässern (englisch Barrel) angegeben
werden (ein Barrel entspricht einem Volumen von 159 Litern Öl). Abgesehen davon
ist beim Ölhandel kaum mehr etwas so wie vor hundertfünfzig Jahren. Statt in
Fässern wird der Rohstoff heute in riesigen Tankern rund um die Welt
transportiert und an internationalen Börsen gehandelt, und sein Preis folgt den
Gesetzen des Weltmarktes. Die Ölpreiskurve liest sich mitunter wie eine
Chronologie der Weltpolitik, und sie widerspiegelt weit mehr als die in der
Erdkruste vorhandenen Ölvorräte. Entsprechend empfindlich reagiert der Ölpreis
auf politische und wirtschaftliche Krisen oder Änderungen der Förderpolitik.
Nachkriegsjahre und Gründung der OPEC Oilcom.de
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Auch das war nicht immer so: Während des grössten Teils des 20. Jahrhunderts war
der Ölpreis stark reguliert. Die multinationalen, privatwirtschaftlichen
Ölgesellschaften hatten den Ölhandel lange Zeit fest in der Hand und legten die
Listenpreise für Erdöl gemeinsam fest. Noch zu Beginn der siebziger Jahre
kostete ein Barrel Erdöl auf dem Weltmarkt zwischen zweieinhalb und drei
US-Dollar, praktisch gleich viel wie nach dem Zweiten Weltkrieg. Angesichts der
hohen Gewinne der Ölgesellschaften verlangten die Förderländer eine Erhöhung
ihres Gewinnanteils, während die Ölgesellschaften versuchten, die Listenpreise
weiter zu senken. Um ihre Interessen zu schützen und einen Preisverfall des
Rohöls zu verhindern, gründeten fünf der wichtigsten erdölfördernden Staaten im
Jahr 1960 die Organization of Petroleum Exporting Countries (OPEC). Heute
umfasst die OPEC elf Nationen: die Gründungsstaaten Iran, Irak, Kuwait,
Saudi-Arabien und Venezuela sowie Algerien, Libyen, Nigeria, Indonesien, Katar
und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Preisschwankungen in den siebziger und achtziger Jahren Oilcom.de
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Den ersten Beweis ihrer Stärke lieferte die OPEC im Jahr 1973. Im Anschluss an
den Kriegsausbruch im Nahen Osten boykottierte sie Öllieferungen an die USA und
die Niederlande. Die dadurch ausgelöste Krise, die allerdings mehr
psychologischer denn physischer Natur war, liess den Ölpreis innert sechs
Monaten um 400 Prozent in die Höhe schnellen.
Auch wenn die Preise nach Ende des Embargos wieder sanken, veränderte das neu
erwachte Selbstvertrauen der Fördernationen die Machtverteilung im Erdölmarkt.
Bis Mitte der achtziger Jahre kontrollierte die OPEC die Entwicklung der
Ölpreise. Dieser Einfluss kam nicht von ungefähr: Noch heute verfügen die 11
OPEC-Staaten über mehr als drei Viertel der Welterdölreserven und liefern rund
40 Prozent der weltweit geförderten Ölmenge.
Sinkender Einfluss der OPEC Oilcom.de
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Der Umsturz im Iran und der darauf folgende Iran-Irak-Krieg ließen den Ölpreis
zwischen 1979 und 1981, stärker als je zuvor, auf 35 Dollar steigen. Doch
wettbewerbsfördernde Neustrukturierungen des Ölmarktes sorgten in den achtziger
Jahren dafür, dass die Preise auf zehn Dollar pro Barrel zurückgingen. Die
OPEC-Staaten reagierten mit der Festsetzung von Förderquoten. Mit dieser
künstlichen Verknappung des Ölangebots versuchten sie den Preis zu
stabilisieren. Der steigende Anteil der Ölproduzenten ausserhalb der OPEC, aber
auch die mangelhafte Förderdisziplin der OPEC-Staaten selbst begannen den
Einfluss des Kartells jedoch mehr und mehr zu untergraben. Das Ölangebot war
reichlich, und der Preis lag in den neunziger Jahren fast durchwegs unter 20
Dollar. 1999 ließ ihn die unerwartete Asienkrise gar auf einen Tiefststand von
unter 10 Dollar pro Barrel sinken.
Ölpreise seit der Jahrtausendwende Oilcom.de
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Heute bestimmt die OPEC keineswegs mehr in Eigenregie den Erdölpreis. Der so
genannte OPEC-Korbpreis gilt aber nach wie vor als eine Art Leitgröße der
Branche. Da hohe Ölpreise die Weltwirtschaft nachweislich schwächen und damit
längerfristig die Nachfrage nach Erdöl und die Konkurrenzfähigkeit des
Energieträgers senken, teilen alle Ölproduzenten – OPEC-Mitglieder oder nicht –
ein Interesse an stabilen, aber nicht übermäßig hohen Ölpreisen. Zum Anstieg der
Ölpreise seit der Jahrtausendwende hat eine Vielzahl verschiedener Faktoren
beigetragen. Die Preise widerspiegeln weniger die gegenwärtige
Versorgungssituation als die Erwartungen der Marktteilnehmer. Das starke
Wirtschaftswachstum in Ostasien, die Furcht vor Terroranschlägen und die weit
gehende Auslastung der gegenwärtigen Förder- und Verarbeitungskapazitäten können
sich auf die zukünftige Erdölversorgung auswirken und sorgen für hohe Preise.
Diese wiederum schaffen einen Anreiz für neue Investitionen und ermöglichen so
eine Ausweitung des Ölangebots.
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